"Jeder Musiker sollte sich frei entfalten können!" - Interview mit Gates of Goldrain
Ein weiteres Projekt, das Torsten Bugiel, u. a. Drummer bei Thomas Godoj, sehr am Herzen liegt, ist Gates of Goldrain. Carsten Fritsch-Stöcker und Torsten Bugiel im Interview mit Katrin Neuschulz.
Lange Zeit war es recht still um Gates of Goldrain – die letzte Single „Schwarzer Regen“ liegt schon eine Weile zurück – jetzt haben sich Carsten Fritsch-Stöcker und Torsten Bugiel wieder ins Studio begeben, um an ihrem zweiten Longplayer zu feilen, und natürlich war auch Tobi Born als geschätzter Gastgitarrist wieder mit an Bord. Gerade richtig zur melancholischen Herbst- und Winterzeit wollen sie mit ihren schwermütigen Texten und Kompositionen wieder ins innere Dunkel abtauchen lassen. Im Interview sprechen die beiden Musiker über ihre Zusammenarbeit, Selbstverwirklichung und das kommende Album.
Ihr habt eine Weile nichts mehr von Euch hören lassen. Worin lag der Grund für die etwas längere Pause?
Da es sich um ein, uns sehr am Herzen liegendes Selbstverwirklichungsprojekt handelt fernab von kommerziellen Grundgedanken, können wir leider immer nur daran arbeiten, wenn es unsere Zeit zulässt. Aber im Prinzip sind wir immer am Start.
Braucht man von Zeit zu Zeit auch eine „Auszeit“ voneinander, um wieder gemeinsam kreativ tätig sein zu können?
Gates of Goldrain ist ja ein Studioprojekt und somit unterliegen wir nicht dem standardmäßigen Album/Tour-Rhythmus. Von einer wirklichen „Auszeit“ kann man eigentlich nicht sprechen, da wir im Hintergrund einzeln sowieso immer an GoG arbeiten.
Ist es für Euch in Ordnung, wenn Eure Musik der sogenannten „schwarzen Szene“ zugeordnet wird oder mögt Ihr diese strenge Kategorisierung nicht?
Solange wir anziehen dürfen was wir wollen, stört uns diese Kategorisierung überhaupt nicht (lachen). Ganz im Gegenteil, wir sind definitiv kein Dancefloor-Party-Act.
Ihr habt u. a. auch einmal „Unheilig“ als Einfluss für Euer Schaffen benannt – wie seht Ihr den momentanen großen Erfolg der Band – könnt Ihr diese „Wandlung“ hin zu einfacheren Texten und Melodien, welche zweifelsfrei ein breiteres Publikum anziehen, nachvollziehen?
Definitiv! Jeder Musiker sollte sich frei entfalten können und wenn der „Graf“ nun diesen Weg geht, wird er das wohl auch so wollen. Unsere liebstes Zeitdokument der Band gehört allerdings tatsächlich der vorherigen Ära an: „Sage ja - Kopfkino“ ist ein Hammer!
Stichwort neues Album: der voraussichtliche Erscheinungstermin wird Anfang nächsten Jahres sein. Was hat Euch dazu bewogen, zu diesem Zeitpunkt ein neues Album aufzunehmen?
In den letzten Jahren ist viel passiert und diese ganzen Eindrücke und Emotionen wollten wir definitiv einmal wieder auf CD festhalten. Die Arbeit daran stellt für uns immer eine sehr emotionale und intensive Zeit dar.
In diesem Zusammenhang, wie kann man sich Eure Zusammenarbeit vorstellen? Torsten bist Du z. B. auch am Komponieren und Texten beteiligt?
Torsten:
Wie beim letzten Album kommen die Grundideen und Melodien von Carsten und die Drumset- und Groovearrangements von mir. Das bedingt sich natürlich und durch eine Idee von mir kann sich ein Refrain oder eine Strophe auch mal in eine andere Richtung bewegen. Allerdings bin ich auf die Fähigkeiten von Carsten angewiesen, da ich kein Melodieinstrument beherrsche. Neu ist, dass ich dieses Mal Textfragmente wie Refrains oder auch mal einzelne Zeilen zu den Texten beisteuere.
Wie bereits erwähnt, sind die Songs alle sehr melancholisch und von Einsamkeit und sogar Todessehnsucht geprägt. Gerade im Song „Wintersturm“ kommen in Textzeilen wie „ich fleh um Wärme, doch die Welt bleibt stumm“ und einer getragenen Melodie diese Gefühle besonders intensiv rüber. Nun kann man annehmen, dass Euer Leben an sich nicht so „trostlos“ verläuft, was inspiriert Euch also zu solchen Texten – Enttäuschung von den Menschen allgemein?
Wir sind sicherlich keine Personen die selbstmordgefährdet durch die Gegend laufen. Melancholie kann einem ja auch dabei helfen, traurige Dinge im Leben zu verarbeiten. Enttäuschung von den Menschen allgemein ist es absolut nicht – man darf da nicht alles über einen Kamm scheren. Wenn überhaupt, dann ist es vielleicht die Enttäuschung über sich Selbst in mancher Situation.
Wie man vorab bereits erfahren konnte, wird ein Stück eine Neuinterpretation eines russischen Wiegenliedes („Bajuschki Baju“) sein – eine wunderschöne Melodie, welche hier neu arrangiert wurde. Woher kam die Idee dazu?
Carsten:
Ich habe das Lied 2006 auf einer Weihnachtsfeier gesungen. Die Melodie hat mich so fasziniert, dass ich diese mal selbst umgesetzt habe. Der Text entstand u.a. unter dem nachhaltigen Einfluß des Films „From Hell“ mit Johnny Depp, den wir gemeinsam gesehen haben. Dazu kommt noch die wunderbare Gegensätzlichkeit von Anfang und Ende. Wobei in einigen Glaubensrichtungen das Ende ja auch gleichzeitig ein Neuanfang ist. Somit passt alles bestens (schmunzelt).
Inhaltlich erinnert „Der Fährmann“, so der Titel dieser Neuinterpretation, stark an die griechische Mythologie – eine bewusste Anlehnung?
Uns fasziniert einfach generell die Mythologie.
Die Texte sind – nicht untypisch für dieses Genre – sehr bildhaft und mit Hilfe von Metaphern in Szene gesetzt. Habt Ihr Euch bewusst für diese Variante des Textens entschieden?
Wir stehen beide sehr auf bildhafte Texte, somit ist das ganz bestimmt auch ein Einfluß. Es gibt aber keinen wirklichen „Fahrplan“ für die Texte – das wichtigste ist das Transportieren der jeweiligen Stimmung.
Im Gegensatz zu Eurem ersten Album sind dieses Mal alle Texte in deutscher Sprache gehalten – wie kam es zu dieser Entscheidung?
In der deutschen Sprache klingen wir einfach am authentischsten und darum geht’s – sei authentisch!
Würdet Ihr sagen, Ihr seid ansonsten Eurem Stil grundlegend treu geblieben oder seht Ihr eventuell auch eine Wandlung bzw. Neu- oder Weiterentwicklung in den neuen Stücken?
Eine Weiterentwicklung gibt’s natürlich immer – der Grundgedanke und Stil ist aber nach wie vor derselbe, eben unverkennbar Gates of Goldrain.
Seht Ihr Euch immer noch als reine Studioband oder gibt es inzwischen nicht vielleicht doch Ambitionen, es auch einmal mit Liveauftritten zu versuchen?
Nein, wir sind derzeit eine reine Studioband.
Ihr habt vorhin über den Einfluss des Films „From Hell“ gesprochen. Könntet Ihr Euch eventuell auch vorstellen, selbst einmal Musik für einen Film zu schreiben? Wenn ja, welche Thematik wäre da reizvoll für Euch?
Das ist momentan eher schwer vorstellbar. Aber wer weiß, wenn's der richtige Film wäre vielleicht schon einmal.
Zum ersten Mal tragt Ihr Euch auch mit dem Gedanken, zu einem Song ein Video zu produzieren. Verratet Ihr schon, welcher Song das sein wird und ob Ihr schon konkrete Ideen für die visuelle Umsetzung habt?
Wir haben schon über ein Video nachgedacht und hätten auch auf jeden Fall Lust dazu. Mal sehen, ob’s zeitlich irgendwann reinpasst. Konkrete Ideen dazu werden aber noch nicht verraten.
Welche Ziele setzt Ihr Euch momentan bzw. was und wen wollt Ihr mit Eurer Musik erreichen?
Es gibt eigentlich eine zusammenfassende Message: Ihr seid mit Eurem Schmerz nicht allein!
Interview: Katrin Neuschulz
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